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Offenheit der Aufgabenstellung und Strukturiertheit des Unterrichtes im Technischen Gestalten
(2021)
Am Anfang dieser fachdidaktischen Dissertation steht die Frage nach qualitätsvollem Unterricht im Technischen Gestalten. Eine quantitative Studie untersucht die Effektivität von Unterrichtstypen, die sich bezüglich der Dimensionen Offenheitsgrad der Aufgabenstellung und Strukturiertheit des Unterrichts unterscheiden. Die Erhebungen, welche die Basis für die quantitative Studie bildet, erfolgte im Juni 2018 mit über tausend Lernenden in 116 Klassen (4. bis 9. Klassenstufe) und ihren Lehrpersonen in den Schweizer Kantonen Bern, Solothurn und Basel-Stadt.
Die Auswertung, die mit einer Latent Profile Analysis (LPA) erfolgte, machte drei Unterrichtstypen mit je einem spezifischen Profil sichtbar: Typ 1: enge Aufgabenstellung und mittelhohe Strukturiertheit des Unterrichtes; Typ 2: halboffene Aufgabenstellung und tiefe Strukturiertheit; Typ 3: offene Aufgabenstellung und hohe Strukturiertheit
Der Theorierahmen des Angebots-Nutzungs-Modells von Helmke (2009) bildet die Basis für die weiteren Auswertungsschritte. Eine multinominale logistische Regression zeigt, dass die Formen des Unterrichts von den Lehrpersonen nicht zufällig gewählt werden. Persönliche und professionelle Voraussetzungen führen zu ihrer Anwendung.
Eine Mehrebenenanalyse (MSEM, 2-1-1) macht zudem Zusammenhänge zwischen den Unterrichtstypen und den schulischen Einflussgrössen auf der Schülerinnen- und Schülerseite sichtbar. Diese sind sowohl auf individueller Ebene als auch auf Klassenebene feststellbar. Kognitive Aktivierung, Selbstbestimmungserleben und Anstrengungsbereitschaft, die als Mediatoren dienen, werden durch die Unterrichtstypen beeinflusst. Darüber hinaus wirken die Unterrichtstypen auch auf die Outcomes. Die Zusammenhänge zeigen sich bei der Motivation im Fach, der Selbstwirksamkeitsüberzeugung, der intrinsischen Motivation und selbst bei den Noten. Die Unterrichtstypen wirken sowohl direkt als auch indirekt über die Mediatoren auf die Outcomes. Alles in allem zeigt sich, dass ein Unterricht mit offenen Aufgabenstellungen und strukturiertem Vorgehen verschiedene Grössen auf Schülerinnen- und Schülerseite positiv beeinflussen kann.
Daneben können auch Zusammenhänge zwischen familiären oder persönlichen Merkmalen der Schülerinnen und Schüler und den Mediatoren bzw. Outcomes festgestellt werden.
Welchen Unterricht eine Lehrperson im Technischen Gestalten anbietet, spielt für die Qualität der Lernprozesse also eine entscheidende Rolle.
Mit den hier zu einer kumulativen Dissertationsschrift zusammengestellten Aufsätzen soll ein erweitertes Konzept "sprachlich-literarischer Bildung" konkretisiert und theoretisch begründet werden, das nicht einseitig auf literarhistorisches Bildungswissen und die Analyse und Interpretation literarischer Texte fokussiert ist. Bei der theoretischen Begründung beziehe ich mich vor allem auf die Sprachphilosophie, Bildungstheorie und Anthropologie Wilhelm von Humboldts und deren Relektüre und Aktualisierung durch Eugenio Coseriu (1994), den Deutschdidaktiker Hubert Ivo (1999) und den Romanisten Jürgen Trabant (2008; 2012). Im Kern steht dabei die Auffassung, dass der Bildungswert der Literatur in ihrer spezifischen Sprachlichkeit liegt. Literatur wird nicht als abweichend vom "normalen" Sprachgebrauch gedacht, sondern als "Ort der Entfaltung der funktionellen Vollkommenheit der Sprache" (Coseriu 1994, S. 148). Vor allem durch Literatur lassen sich deshalb die Individualität, die Vielfalt der Sprache und die "Freiheit des poetischen Sprechens" (Trabant 2008, S. 276 ff.) produktiv und rezeptiv erfahren. Beim Lesen, Schreiben, Sprechen und Hören von Literatur kann mit Sprachnormen gespielt, können Sprachnormen individuell angeeignet, überschritten oder neu gesetzt werden. Dies ist ein wesentliches Element sprachlicher Bildung durch Literatur und stellt eine wichtige Ergänzung bzw. ein Korrektiv zu einem einseitig pragmatischen, instrumentellen und an vorgegebenen Normen orientierten Sprachgebrauch dar.
Mit dem erweiterten Konzept "sprachlich-literarischer Bildung" leiste ich einen Beitrag zur fachdidaktischen Gegenstandskonstitution. Fachdidaktik muss ihre Gegenstände immer auch theoriegeleitet bestimmen und sich dabei an unterschiedlichen Bezugstheorien orientieren. Die Literaturdidaktik kann sich beispielsweise eher an "Abweichungstheorien" orientieren, die vom russischen Formalismus geprägt sind, oder aber an Literaturtheorien im Sinne von Coseriu und Trabant, die im romantischen Sprachdenken ihren Ausgangspunkt haben. Dies ist eine normative Grundentscheidung, bei der ein wichtiges Argument für die Orientierung an Coseriu, Trabant und dem Sprachdenken in dieser Tradition ist, dass sie stärker im Einklang mit dem humanistischen Bildungsbegriff stehen, der auch maßgeblich von Humboldt mitbestimmt ist.
Ein solcher "Denkrahmen" übt auch einen wesentlichen Einfluss auf didaktisch fundierte Unterrichtskonzepte aus. Das von Gerhard Härle und mir konzipierte "Heidelberger Modell des Literarischen Unterrichtsgesprächs" (Härle / Steinbrenner 2004) fußt ebenfalls auf der Hermeneutik und Sprachtheorie Humboldts und Schleiermachers. Im Kern steht hier die Auffassung, dass die spezifische Sprachlichkeit der Literatur auch die Art und Weise beeinflusst, wie wir über Literatur sprechen, und dass genau dies (und weniger die 'Inhalte' der Texte und Gespräche) den Bildungswert literarischer Gespräche ausmacht. Hubert Ivo bezeichnet in diesem Sinn das "Reden über poetische Sprachwerke" als "ein Modell sprachverständiger Intersubjektivität" (Ivo 1994, S. 222). In meinen Arbeiten zum Literarischen Unterrichtsgespräch veranschauliche ich die praktische Umsetzung des "Heidelberger Modells" und zeige an konkreten Beispielen auf, wie bzw. in welchem Modus Lernende unterschiedlicher Alters- und Bildungsgruppen über literarische Texte nachdenken und sprechen.
Die vorliegenden ausgewählten Aufsätze gliedere ich in die beiden Themenbereiche "Sprachlich-literarische Bildung als Denkrahmen für die Deutschdidaktik" und "Das Literarische Unterrichtsgespräch", die eng miteinander zusammenhängen. Beide Themenbereiche werden zunächst in einem Überblick skizziert, dem dann eine Kurzcharakterisierung der einzelnen Aufsätze folgt, die im zweiten Teil der Dissertation als Reprographien erscheinen.
Aktive Lehr-Lern-Kultur
(2021)
Eine aktive Lehr-Lern-Kultur ist Prädikat und Markenzeichen des Studien-angebots an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Bei der Umsetzung hat sie in den vergangenen Jahren willkommene Unterstützung durch ein Hochschulentwicklungsprojekt erhalten, welches im bundesweiten Qualitäts-pakt Lehre gefördert wird. Von den Erträgen dieses Karlsruher Projekts, das „Bildungsinitiative L2: Für eine aktive Lehr-Lern-Kultur“ heißt, berichtet die aktuelle Ausgabe.
Einblicke in den digitalen Lehr- und Forschungsalltag während der Pandemie geben wir in der Rubrik IM FOKUS. Daneben erinnern wir an zwei Jubiläen, die umständehalber nicht gefeiert werden konnten. „MiniMa“, die mathema-tische Machmit-Werkstatt, bringt seit nunmehr zehn Jahren Kita-Gruppen und Grundschulklassen an die Hochschule. Ebenfalls in seinem zehnten Jahr ist der erfolgreiche interdisziplinäre Masterstudiengang „Interkulturelle Bildung, Migration und Mehrsprachigkeit“.
In der Rubrik PERSPEKTIVEN erfahren Sie mehr über die aktuellen Veröffent-lichungen der Lehrenden. Und in der Rubrik NACHGEFRAGT sprechen wir mit Dr. Anke Rigbers, Präsidentin des Statistischen Landesamts und zuvor Stif-tungsvorständin der evalag, über vom Bund und Land geförderte Programme und Projekte sowie deren Verankerung an den Hochschulen.
Diese Studie untersucht die Umsetzung von BNE an weiterführenden Schulen und beleuchtet dabei den Baden-Württembergischen Bildungsplan.
Es wurde analysiert, wie gut die Leitperspektive „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ für die Schulpraxis geeignet ist und welche Merkmale die Umsetzung durch die Lehrkraft beeinflussen. Vergleichbare Studien von Rieß & Mischo (2008) und Waltner et al. (2020) werden im Rahmen der Arbeit skizziert und in die Ergebnisdiskussion einbezogen. Als Forschungsdesign wurde ein quantitativer Fragebogen gewählt, mit dem Selbsteinschätzungen von LehrerInnen der Sekundarstufe I weiterführender Schulen aller Schulformen im Regierungsbezirk Karlsruhe erhoben wurden. Die Fragen ließen sich dafür in zwei Themenbereiche gliedern:
1) Das Wissen über BNE und deren Umsetzung und 2) das Wissen über die Leitperspektive BNE.
Die Befragung ergab durch die sehr geringe Stichprobengröße keine statistisch aussagekräftigen Ergebnisse, aber es wurden Tendenzen erkennbar, dass das Potential der Leitperspektive bei den Lehrkräften angekommen ist. Jedoch herrscht noch viel Unwissenheit darüber, wie sie in den jeweiligen Fachunterricht einzubetten ist. Rückschlüsse von den erhobenen LehrerInnenmerkmale auf die Umsetzung der BNE waren nicht möglich, indes wurde unter anderem deutlich, dass Lehrkräfte, die den Begriff BNE bereits kannten und diejenigen, welche BNE bereits im Unterricht anwendeten von einer höheren Befriedigung im Beruf berichteten.
FWM – Ein Test zur Erhebung von Wissen in Mechanik für Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe
(2021)
In Forschungsprojekten wird wiederholt Wissen in Mechanik – z. B. als Kontrollvariable – von Schülerinnen und Schülern der Mittelstufe erhoben. Dazu werden oft projektspezifische Tests entwickelt, die nicht in der Fachliteratur dokumentiert sind. Deshalb stellen wir einen Test zur ökonomischen Erhebung von Wissen aus Teilgebieten der Mechanik in der Mittelstufe vor, den FWM. Der aus 22 Items im Multiple-Choice Single-Select-Format bestehende Test kann in rund 20-25 Minuten bearbeitet werden. Wir stellen den Test sowie die Ergebnisse einer empirischen Erhebung mit 1532 Berliner Schülerinnen und Schülern aus der 8. und 9. Jahrgangsstufe vor. Die Ergebnisse zeigen, dass der Test in der Lage ist, Teilbereiche des heterogenen Konstrukts Wissen in Mechanik mit einer zufriedenstellenden Reliabilität zu erfassen. Eine Rasch-Analyse deutet zudem auf die Homogenität der Items hin. Mit diesem Beitrag möchten wir eine Skalendokumentation vorlegen und ein erprobtes Verfahren zur Erfassung von Wissen in Mechanik für zukünftige Forschungsvorhaben bieten.
Technik vom Anfang denken
(2021)
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit der Frage der Gendersensibilität von Schulbüchern für die zweite Klassenstufe. Die jüngste Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU 2016) zeigt signifikante Unterschiede in der Lesekompetenz von Jungen und Mädchen am Ende der vierten Klasse. Damit wird im Bereich des Lesenlernens das Ziel der Grundschule - der Erwerb vergleichbarer Kompetenzen von allen Schüler*innen - verfehlt. Da Schulbücher in Bezug auf den Erwerb der Lesekompetenz im Anfangsunterricht eine entscheidende Rolle spielen, ist es umso wichtiger, dass entsprechendes Material die unterschiedlichen Bedürfnisse von Jungen und Mädchen berücksichtigt. Somit untersucht die Bachelorarbeit die Bedeutung der Kategorie Geschlecht im schulischen Kontext und die geschlechtlichen Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen in Bezug auf das Lesenlernen. Aufbauend auf diese Erkenntnisse wurde eine Auswahl an Schulbüchern auf Kriterien gendersensibler Literatur analysiert, um herauszustellen, ob und inwiefern Deutschbücher gendersensibel sind.
Um den ökologischen, sozialen und ökonomischen Herausforderungen einer ganzheitlich gedachten Nachhaltigkeit auf regionaler und globaler Ebene heute wie in Zukunft begegnen zu können, ist Bildung international als ein Schlüsselelement zur Erreichung einer nachhaltigen Entwicklung bestimmt worden. Seit nahezu 30 Jahren wird deshalb das Bildungskonzept der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) politisch verfolgt und von der Wissenschaft stets weiterentwickelt und adaptiert. Nachdem in Deutschland auf Bundesebene in der Vergangenheit einzelne Modellprogramme durchgeführt wurden, fand inzwischen seit 2016 eine Verankerung der BNE in den Bildungsplänen des Landes Baden-Württemberg als eine von sechs Leitperspektiven statt. Jedes Unterrichtsfach hat seinen spezifischen Beitrag zur Anbahnung der einzelnen Leitperspektiven zu leisten. Dem Fach Biologie wird in diesem Zusammenhang ein hervorgehobenes Potenzial zur Realisierung von BNE beigemessen. Insbesondere die an das Fach angelehnte Schulgartenarbeit rückte in letzter Zeit in den Mittelpunkt politischen und wissenschaftlichen Interesses.
Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Verknüpfung des Lernorts Schulgarten mit einer BNE. Die im Sinne eines Mixed-Method-Ansatzes durchgeführte Fallstudie verfolgte drei wesentliche Ziele. Zunächst wurde in einem ersten Schritt das BNE-bezogene Lernpotenzial ermittelt, das Lehramtsstudierende mit ihrer eigenen Arbeit in einem Lerngarten verbinden. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf dem Verständnis der angehenden Lehrkräfte von Nachhaltigkeit und der im Rahmen von BNE angestrebten Gestaltungskompetenz, welche die Studierenden später bei Schüler*innen gemäß dem Bildungsplan anbahnen sollen. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse wurden anschließend forschungsgestützt Unterrichtseinheiten mit entsprechenden Materialien entwickelt, die die Realisierung von BNE im Rahmen von bzw. in Anlehnung an Schulgartenarbeit ermöglichen sollen. Abschließend wurde eine Auswahl dieser Materialien evaluiert.
Die Studierenden stimmten dem Lernpotenzial ausgewählter BNE-bezogener Kompetenzen bei der Arbeit im Lerngarten zwar zumeist (tendenziell) zu, allerdings erkannten sie nur vereinzelt die Möglichkeiten, die Schulgartenarbeit bietet, um globales Lernen zu realisieren oder generationenübergreifende Bezüge herzustellen. Dies sind jedoch wesentliche Grundgedanken der Gestaltungskompetenz. Durch die gezielte Materialentwicklung konnte die Wahrnehmung der Studierenden dahingegen verändert werden, dass sie mit der Schulgartenarbeit auch globales Denken verbanden. Hinsichtlich einzelner der zwölf Teilkompetenzen, die die Gestaltungskompetenz konkretisieren, zeigten sich bei den Studierenden Verständnisprobleme. Zudem wiesen viele Studierende kaum oder gar keine globalen und generationenübergreifenden Denkmuster auf. Demnach kann bei den angehenden Lehrkräften im Lerngarten von einem unvollständigen Verständnis der zu vermittelnden Gestaltungskompetenz ausgegangen werden. Des Weiteren wurden bei den Studierenden zahlreiche inhaltliche Überschneidungen im Verständnis der einzelnen Teilkompetenzen festgestellt. Offensichtlich sind diese nicht trennscharf abzugrenzen. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse wurden zwei Ansätze erarbeitet, wie das Konstrukt der Gestaltungskompetenz im Rahmen von Schulgartenarbeit abgewandelt beibehalten und an die Studierenden herangetragen werden könnte.
Die vorliegende Studie kann ein Beitrag dazu liefern, die Praktikabilität der Gestaltungskompetenz mit ihren Teilkompetenzen für den Einsatz zum Beispiel in der Unterrichtsvorbereitung oder –durchführung von Schulgartenarbeit besser einschätzen zu können. Eine Übertragung der Ergebnisse auf andere schulische Lehr- und Lernarrangements ist anzunehmen, wurde in der vorliegenden Studie jedoch nicht überprüft. Ebenso konnte aufgezeigt werden, welche BNE-bezogenen Kompetenzen durch Schulgartenarbeit nach Einschätzung von Studierenden, die selbst im entsprechenden Lernsetting aktiv wurden, im Besonderen angebahnt werden können.
Die Hinrichtung des evangelischen Theologen Johannes Sylvanus im Jahr 1572 wird in den gängigen Lexika damit begründet, dass er ketzerische antitrinitarische Lehren verbreitet habe. In dem Eröffnungskapitel der Arbeit, die einen Überblick über die Sylvanus-Literatur seit Lessing gibt, lassen sich für diese Sichtweise zahlreiche Belege finden. Allerdings ist es gerade Lessing, der schon sehr früh Zweifel an dieser Deutung äußert. Die untersuchten Autoren bieten einen je anders akzentuierten Blick auf die Causa Sylvanus, aber es ist unverkennbar, dass gerade ich der Epoche des Landesherrlichen Kirchenregiments die Untersuchungen geprägt sind von unerschütterlicher Loyalität gegenüber der Obrigkeit.
Insofern war es in einem zweiten Schritt wichtig, ein Analyse-Instrumentarium zu entwickeln, mit dem effektiv und ohne voreingenommene Parteinahme der „Fall Sylvanus“ theologisch, politisch und juristisch betrachtet werden konnte. Die Theorie von der „Zweiten Reformation“ nach Heinz Schilling eignete sich dafür bestens. Die Auseinandersetzung mit der Kritik an dieser Theorie hat diese Einschätzung gefestigt.
Zur Bestimmung der theologischen Position von Sylvanus wurde sein beruflicher Werdegang nachgezeichnet und die darin verwobene Entwicklung seines theologischen Denkens: Nach seinem Abschied aus der römischen Kirche, die durch seinen Weggang aus Würzburg dokumentiert wurde, wandte er sich – nach einer dreijährigen Episode im lutherischen Württemberg – zielstrebig der reformierten Glaubensrichtung zu, indem er sich von Kurfürst Friedrich III. 1563 in die Kurpfalz berufen ließ.
In der Arbeit werden die literarischen Auseinandersetzungen mit dem lutherischen Reformator, dem Straßburger Theologen Marbach, ausführlich referiert, zumal in diesen Texten die Theologie von Sylvanus deutlich erkennbar wird. Allerdings kommt es in dieser Kontroverse zu keiner Annäherung der Positionen. Eine wichtige Rolle in dieser Epoche der kurpfälzischen Geschichte spielt der Reichstag zu Augsburg von 1566. Dort gelang es dem Kurfürsten, seine stark reformiert geprägte Religionspolitik als vereinbar mit dem Augsburger Bekenntnis von 1555 durchzusetzen.
Innerhalb der kirchenpolitischen Situation in der Kurpfalz dominierte der Streit um die Kirchendisziplin für ein Jahrzehnt die Lage. Der Kurfürst hielt sich lange zurück, während die beiden Theologen-Parteien sich heftig bekämpften.
Am Rande des Reichstages zu Speyer 1570 entlud sich dieser Konflikt, als Briefe auftauchten, in denen Sylvanus und sein Vertrauter Neuser ihre Absicht bekundeten, nach Siebenbürgen auszuwandern, um dort – vermutlich in den antitrinitarisch geprägten Gemeinden – als Pfarrer Dienst zu tun. Dabei erwähnten sie auch, dass es in der Kurpfalz noch andere antitrinitarisch gesonnene Pfarrer gebe.
Aufgrund dieses Briefes wurde Sylvanus verhaftet. Seine Bereitschaft zum Widerruf, vermutlich durch Folter erzwungen, wurde vom Kurfürst und den meisten Theologen ignoriert. Ohne ein akzeptables Gerichtsverfahren wurde Sylvanus am 23.12.1572 in Heidelberg auf dem Marktplatz hingerichtet.
Narrative Wege aus der Angst
(2021)
Die in dieser Arbeit präsentierte empirische Studie untersucht sprachliche Manifestationen der subjektiven Bewältigung traumatischer und hochbelastender Lebenserfahrungen anhand narrativer biographischer Interviews. Dabei stützt sie sich zum einen auf Theorien und Befunde der Traumaforschung sowie ausgewählte Aspekte von Bewältigungskonzepten. Zum anderen legt sie bewährte Elemente der Erzähltheorie und der narrativen Forschung im Rahmen des qualitativen Paradigmas zugrunde. Dazu gehören eine Definition des Erzählens als Grundform der Kommunikation, das Konzept der Narrativen Identität, der Begriff der narrativen Bewältigung sowie Ausführungen zur narrativen Interviewforschung einschließlich ausgewählter Beispiele.