Institut für Psychologie
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Eine qualitative Untersuchung von Videodaten anhand eines speziell entwickelten Feinanalyseinstruments zeigte, welche Grundbedingungen und Zusammenhänge im Theaterspielen mit Menschen mit Demenz relevant sind. Auf Basis des Erweiterten Listening Guide (ELG) konnten ästhetische Momente in den theaterpädagogischen Interventionen des Forschungsprojekts TiP.De - Theater in der Pflege von Menschen mit Demenz erfasst werden. Ästhetische Momente im Theaterspielen lassen sich als Phänomene der Wahrnehmung beschreiben. Ihre Qualität zeigt sich an der Vielfalt der ausgelösten sinnlichen Empfindungen. Sie gelten als Zeichen für Resonanz im gemeinsamen Theaterspielen von Menschen mit Demenz, Spielleitung und Spielbegleitung. In einem Wechsel zwischen Theaterspielen und Nicht-Theaterspielen und im Agieren in asynchronen Zeitstrukturen entfalten sich neue Dimensionen theatralen Handelns. Grundbedingung für gelingendes Theaterspielen mit Menschen mit Demenz ist ihr Vermögen, implizites Wissen und Erfahrungen zu verkörpern und sich damit ihres präreflexiven Selbsts zu versichern. Improvisierendes Handeln, impulsive Äußerungen zum eigenen und zum Handeln anderer begünstigen die spielerischen Prozesse. Für Spielleitung und Spielbegleitung gilt es, eine gesteigerte Aufmerksamkeit auf körperliche Nähe und nonverbale Ausdrucksweisen zu legen. Affirmationen und Lachen sind in diesem Kontext als Verständigungsformen über Fiktion und Realität des Theaterspielens anzusehen.
Wie verhalten sich Kinder im Alter von zwei bis drei Jahren, wenn sie Zeuge des Kummers einer erwachsenen Bezugsperson werden? Lassen sie sich von der emotionalen Not ihres Gegenübers anstecken oder gelingt es ihnen, eigene Impulse zu kontrollieren und sich auf die emotionale Gestimmtheit der anderen Person einzulassen? Empirische Studien weisen darauf hin, dass gerade die frühe Kindheit für die Entwicklung von Mitgefühl von besonderer Bedeutung zu sein scheint.
Vor diesem Hintergrund hat die vorliegende Arbeit das Ziel, die Entwicklung von Mitgefühl während des dritten Lebensjahres näher zu untersuchen. Diesbezüglich wurde zum einen der Frage nachgegangen, ob sich mit zunehmendem Alter ein allgemeiner Entwicklungstrend beobachten lässt, oder, ob sich Kinder angesichts des Kummers verschiedener Bezugspersonen (Mutter/Erzieherin) unterschiedlich verhalten. Zum anderen sollte im Hinblick auf die differenzielle Entwicklung von Mitgefühl untersucht werden, welche Faktoren innerhalb und außerhalb des Kindes zu interindividuellen Unterschieden beitragen. Als Persönlichkeitsvariablen wurden das Geschlecht und das Temperament des Kindes erhoben, während als mögliche Sozialisationsfaktoren die Beziehungsqualität mit nahen Bezugspersonen (Bindung Mutter, emotionale Nähe Erzieherin) und kulturelle Aspekte erfasst wurden.
Unter Bezugnahme auf bisherige Theorien zur Entwicklung von Mitgefühl und empirische Forschungsarbeiten in diesem Bereich, wurden die dieser Untersuchung zugrundeliegenden Forschungshypothesen theoriegleitet definiert und anhand verschiedener statistischer Verfahren überprüft. 64 deutsch- und italienischsprachige Kinder aus Südtirol (Italien) und deren Mütter (N = 63) sowie Erzieherinnen (N = 21) beteiligten sich an der Datenerhebung, welche in 10 Kindertagesstätten im Raum Bozen durchgeführt wurde. Zur Erfassung der interessierenden Konstrukte kamen standardisierte Verhaltensbeobachtungen mit Nachbefragungen und verschiedene Fragebogenverfahren zum Einsatz.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die grundsätzliche Fähigkeit einer mitfühlend-tröstenden Reaktionsbereitschaft bereits bei Kindern im Alter von zwei bis drei Jahren beobachtet werden kann, wobei interindividuelle Unterschiede zu verzeichnen sind. Grundsätzlich scheint es Kleinkindern leichter zu fallen, sich gegenüber einer ihnen gut vertrauten Bezugsperson (Mutter) mitfühlend zu verhalten. Individuelle Merkmale des Kindes (Schüchternheit) sowie gewisse Sozialisationserfahrungen (Erleben von emotionaler Nähe) tragen dazu bei, diese Tendenz entweder zu verstärken oder abzuschwächen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung liefern deshalb nicht nur wichtige Erkenntnisse bezüglich der Entwicklung von Mitgefühl während der frühen Kindheit, sondern eröffnen darüber hinaus die Möglichkeit, konkrete Anregungen zur Förderung von Mitgefühl im familiären- sowie außerfamiliären Kontext ausfindig zu machen.
Essstörungen und Geschlecht
(2021)
Die Wahrscheinlichkeit, eine Essstörung zu entwickeln, unterscheidet sich stark je nach der Geschlechtsidentität und sexuellen Orientierung einer Person. Dies deutet darauf hin, dass Geschlecht eine große Relevanz für Essstörungen besitzt, welche durch psychologische Modellvorstellungen von Essstörungen bisher unzureichend erklärt werden kann. Durch den Einbezug von Erkenntnissen aus der feministischen Theorie und Geschlechterforschung in den theoretischen Hintergrund dieser Arbeit wird es möglich, Geschlecht als komplexes Konstrukt zu fassen, welches körperliche, psychologische, soziale und kulturelle Aspekte integriert, und dieses Konstrukt für die Erweiterung des Verständnisses von Essstörungen fruchtbar zu machen. Das empirische Vorgehen folgte der Methodologie der Grounded Theory. Es wurden 14 narrative Interviews mit ehemals von Anorexie oder Bulimie betroffenen Personen geführt, ausgewertet und zu einem theoretischen Modell integriert. Die Ergebnisse zeigen, dass an Geschlecht und Sexualität geknüpfte Erfahrungen, Erlebensweisen und Auseinandersetzungsprozesse auf unterschiedliche Weise den Selbst- und Körperbezug der betroffenen Personen kennzeichnen und sowohl für die Entwicklung der Essstörung als auch für positive Veränderungsprozesse relevant sind. Der Fokus liegt dabei auf normativen Konstruktionen von Weiblichkeit und auf geschlechtlicher Diversität. Die Ergebnisse bieten wichtige Implikationen sowohl für ätiologische als auch für therapeutische Modelle.