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PH Karlsruhe kompakt 2016/17
(2017)
Kaum ein Jahr war auf Landesebene so stark von bildungspolitischen Diskussionen geprägt wie das vergangene. Das Abschneiden Baden-Württembergs in der Ländervergleichsstudie zu den sprachlichen Kompetenzen der Neuntklässler hat die Lehrerbildung ebenso in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt wie der Lehrermangel im Grundschulbereich. Die Pädagogischen Hochschulen sind derzeit mehr denn je aufgefordert, ihre Stärken auszubauen und erkannte Schwächen zu beheben.
Im Kontext einer aktuellen globalen Wasserproblematik wird in der vorliegenden Arbeit den Fragen nachgegangen, welche Verfahren es in der Natur sowie im technischen Bereich gibt, Nebel als Wasserquelle zu nutzen und wie Nebelfang im Sachkundeunterricht der Sekundarstufe praktisch thematisiert werden kann. Zu diesem Zweck werden einschlägige Studien zum Nebelfangverfahren verschiedener Tiere und Pflanzen vorgestellt und durch die Ergebnisse eigener Beneblungsuntersuchungen an ausgewählten Kakteengewächsen ergänzt. Weiter werden das unterrichtliche Potenzial von Nebelfang sowie dessen Umsetzbarkeit im schulischen Kontext in der Form eines didaktischen Artikels erörtert.
Es kommt dabei heraus, dass Opuntia microdasys rufida effektiv Wasser aus Nebel beziehen kann und sich sowohl eine Beneblung durch Trockeneis als auch eine Beneblung in einer selbst gebauten Nebelkammer eignet, um das Nebelfangvermögen der Kakteen zu quantifizieren und zu visualisieren. Als Grund für das hohe Nebelfangvermögen von Opuntia microdasys konnten dabei die (mikro-)strukturellen Beschaffenheiten der Dornen sowie deren Distribution auf der Pflanze identifiziert werden. Ein weiteres Ergebnis ist, dass Nebelfang durch großflächige Kunststoffnetze eine praktikable Alternative zu konventionellen Wasserversorgungsverfahren darstellt und sich bereits an verschiedenen Standorten etablieren konnte. Bezüglich künstlicher Beneblungsverfahren kommt als Ergebnis heraus, dass sich Beneblungen mit Trockeneis und Nebelkammer von Schüler/-innen der Sekundarstufe umsetzen lassen, wobei die Arbeit mit Trockeneis gesundheitliche Gefahren birgt und in der Vorbereitung ein deutlich höheres zeitliches Investment erfordert.
Das Thema Nebelfang bzw. künstliche Beneblung ist für Lehrende didaktisch bedeutsam, da es die Schüler/-innen im Erlernen naturwissenschaftlicher Arbeitsweisen unterstützt, die Bedeutung von Wasser für alle Lebewesen verdeutlicht, als ein Beispiel für die Angepasstheit von Lebewesen an ihre Umwelt verwendet werden sowie zur Erörterung nachhaltigen Handelns dienen kann.
Weitgehend belegt ist, dass gelingende Professionalisierungsprozesse im Studium der (Früh-)Pädagogik eine spezifische Auseinandersetzung mit der eigenen personalen Lebensgeschichte und Identitätsentwicklung verlangen. Dies bleibt jedoch professionalisierungstheoretisch und hochschuldidaktisch weitgehend unberücksichtigt. Das Forschungsprojekt „Personbezogene pädagogische Professionalisierung (ppProfess)“ unter Leitung von apl. Prof. Dr. Liselotte Denner und Prof. Dr. Ulrich Wehner und unter Mitarbeit von Dr. Annette Scheible und Dr. Brigitte Seiler an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe (2018-2019), in welches die vorliegende Masterarbeit eingebettet ist, knüpft hier an und rückt die studentische Person folgerichtig in den Fokus ihrer Professionalisierung. Im Design-Based Research-Ansatz werden hochschuldidaktische Settings innoviert, welche die teilnehmenden Studierenden nicht nur zu einem einmalig anderen Verhalten anzuregen versuchen, sondern Änderungen ihrer Verhaltensweisen anstreben und damit auf langfristig angelegte personbezogene Professionalisierungsprozesse abzielen.
Um wahrgenommene und berichtete Veränderungen in Verbindung mit dem Lehr-Lern-Setting bringen und in Gang gesetzte Professionalisierungsprozesse bei den teilnehmenden Studierenden identifizieren zu können, wird im ersten Teil der mehrperspektivisch angelegten Masterarbeit ein detailliertes Wirkmodell für ppProfess eruiert, welches aus rekonstruktiver und theoriegeleiteter Perspektive die projektspezifische Wirklogik für ppProfess aufzeigt.
Darauf aufbauend realisiert der zweite Teil der Arbeit die Nacherhebung (follow-up) des Lehr-Lern-Settings aus der Perspektive der Studierenden mithilfe leitfadengestützter Interviews. Die Ergebnisse der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016) werden sowohl fallvergleichend als auch kontrastierend vorgestellt. Der Fokus liegt zunächst auf aus Studierendensicht wirkrelevanten Elementen des Lehr-Lern-Settings. Anschließend werden die Facetten der studentisch wahrgenommenen längerfristigen Wirkung beleuchtet. Nach einer Diskussion der Ergebnisse im Rückbezug auf das aufgestellte Wirkmodell sowie einschlägige Theorie bündelt das Fazit die Erkenntnisse im Kontext personbezogener pädagogischer Professionalisierung im Studium.
Der Anhang wurde aus datenschutzrechtlichen Gründen gekürzt.
Offenheit der Aufgabenstellung und Strukturiertheit des Unterrichtes im Technischen Gestalten
(2021)
Am Anfang dieser fachdidaktischen Dissertation steht die Frage nach qualitätsvollem Unterricht im Technischen Gestalten. Eine quantitative Studie untersucht die Effektivität von Unterrichtstypen, die sich bezüglich der Dimensionen Offenheitsgrad der Aufgabenstellung und Strukturiertheit des Unterrichts unterscheiden. Die Erhebungen, welche die Basis für die quantitative Studie bildet, erfolgte im Juni 2018 mit über tausend Lernenden in 116 Klassen (4. bis 9. Klassenstufe) und ihren Lehrpersonen in den Schweizer Kantonen Bern, Solothurn und Basel-Stadt.
Die Auswertung, die mit einer Latent Profile Analysis (LPA) erfolgte, machte drei Unterrichtstypen mit je einem spezifischen Profil sichtbar: Typ 1: enge Aufgabenstellung und mittelhohe Strukturiertheit des Unterrichtes; Typ 2: halboffene Aufgabenstellung und tiefe Strukturiertheit; Typ 3: offene Aufgabenstellung und hohe Strukturiertheit
Der Theorierahmen des Angebots-Nutzungs-Modells von Helmke (2009) bildet die Basis für die weiteren Auswertungsschritte. Eine multinominale logistische Regression zeigt, dass die Formen des Unterrichts von den Lehrpersonen nicht zufällig gewählt werden. Persönliche und professionelle Voraussetzungen führen zu ihrer Anwendung.
Eine Mehrebenenanalyse (MSEM, 2-1-1) macht zudem Zusammenhänge zwischen den Unterrichtstypen und den schulischen Einflussgrössen auf der Schülerinnen- und Schülerseite sichtbar. Diese sind sowohl auf individueller Ebene als auch auf Klassenebene feststellbar. Kognitive Aktivierung, Selbstbestimmungserleben und Anstrengungsbereitschaft, die als Mediatoren dienen, werden durch die Unterrichtstypen beeinflusst. Darüber hinaus wirken die Unterrichtstypen auch auf die Outcomes. Die Zusammenhänge zeigen sich bei der Motivation im Fach, der Selbstwirksamkeitsüberzeugung, der intrinsischen Motivation und selbst bei den Noten. Die Unterrichtstypen wirken sowohl direkt als auch indirekt über die Mediatoren auf die Outcomes. Alles in allem zeigt sich, dass ein Unterricht mit offenen Aufgabenstellungen und strukturiertem Vorgehen verschiedene Grössen auf Schülerinnen- und Schülerseite positiv beeinflussen kann.
Daneben können auch Zusammenhänge zwischen familiären oder persönlichen Merkmalen der Schülerinnen und Schüler und den Mediatoren bzw. Outcomes festgestellt werden.
Welchen Unterricht eine Lehrperson im Technischen Gestalten anbietet, spielt für die Qualität der Lernprozesse also eine entscheidende Rolle.
Diese Dissertation geht der Frage nach, weshalb Norbert Elias und Pierre Bourdieu häufig in ähnlichen Kontexten zu Erklärungszwecken herangezogen werden. Dazu werden die Theorien von Norbert Elias und Pierre Bourdieu miteinander verglichen; hierbei werden Begriffe und Konzepte auf Ähnlichkeiten und Unterschiede hin untersucht. Ihre Methodologie zum Überwinden von Dichotomien wird ebenso analysiert. Ähnlichkeiten finden sich darüber hinaus in ihren Lebensläufen wieder. Diese werden in dieser Dissertation mit den Briefen verknüpft, die sie sich gegenseitig schrieben und die bislang noch unveröffentlicht waren. Weiter wird ein Ausblick gegeben, wie Konzepte miteinander verbunden werden könnten, um die Rezeption beider Soziologen in einem breiteren Spektrum voranzubringen.
Die vierte Ausgabe des Bildungsjournals Dialog der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe stellt die naturwissenschaftliche und technische Bildung in den Mittelpunkt. Sie hat angesichts der rasanten technischen Entwicklungen und der menschlichen Eingriffe in die Umwelt gesellschaftlich eine hohe Bedeutung. Die Beiträge in dieser Nummer von Dialog geben einen Einblick in Themenfelder der Naturwissenschafts- und Technikdidaktik. Sie zeigen auf, wie der Erlebnishorizont erweitert, Neugier geweckt und Kreativität gefördert werden kann. Dargestellt werden innovative Herangehensweisen, die Kindern, Jugendlichen, aber auch Erwachsenen Phänomene in der Welt, die uns umgibt, näher bringen. Der Lebensweltbezug sowie die Förderung des forschenden Lernens sind Voraussetzungen, um solche Phänomene dann auch theoretisch zu durchdringen. Sie sind damit zentrale Qualitätsmerkmale von Naturwissenschafts-
und Technikdidaktik.
Narrative Wege aus der Angst
(2021)
Die in dieser Arbeit präsentierte empirische Studie untersucht sprachliche Manifestationen der subjektiven Bewältigung traumatischer und hochbelastender Lebenserfahrungen anhand narrativer biographischer Interviews. Dabei stützt sie sich zum einen auf Theorien und Befunde der Traumaforschung sowie ausgewählte Aspekte von Bewältigungskonzepten. Zum anderen legt sie bewährte Elemente der Erzähltheorie und der narrativen Forschung im Rahmen des qualitativen Paradigmas zugrunde. Dazu gehören eine Definition des Erzählens als Grundform der Kommunikation, das Konzept der Narrativen Identität, der Begriff der narrativen Bewältigung sowie Ausführungen zur narrativen Interviewforschung einschließlich ausgewählter Beispiele.
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit der Frage der Gendersensibilität von Schulbüchern für die zweite Klassenstufe. Die jüngste Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU 2016) zeigt signifikante Unterschiede in der Lesekompetenz von Jungen und Mädchen am Ende der vierten Klasse. Damit wird im Bereich des Lesenlernens das Ziel der Grundschule - der Erwerb vergleichbarer Kompetenzen von allen Schüler*innen - verfehlt. Da Schulbücher in Bezug auf den Erwerb der Lesekompetenz im Anfangsunterricht eine entscheidende Rolle spielen, ist es umso wichtiger, dass entsprechendes Material die unterschiedlichen Bedürfnisse von Jungen und Mädchen berücksichtigt. Somit untersucht die Bachelorarbeit die Bedeutung der Kategorie Geschlecht im schulischen Kontext und die geschlechtlichen Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen in Bezug auf das Lesenlernen. Aufbauend auf diese Erkenntnisse wurde eine Auswahl an Schulbüchern auf Kriterien gendersensibler Literatur analysiert, um herauszustellen, ob und inwiefern Deutschbücher gendersensibel sind.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung und ersten Evaluation von vier neuen Unterrichtskonzepten zum Thema Farbstoffe im Chemieunterricht. Dabei werden drei wichtige Ziele durch die Betonung ausgewählter chemie-didaktischer Aspekte verfolgt.
Ein Zusammenhang zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler wird über die Behandlung sogenannter Azofarbstoffe und deren Verwendung in Lebensmitteln und Textilien hergestellt.
Die Struktur der Konzeptionen, die auf größtenteils erstmalig erprobten Schulexperimenten aufbaut, ermöglicht eine praxisorientierte, selbstständige Erschließung der schulrelevanten Inhalte.
Und schließlich gestattet die Einbettung phänomenologischer Beobachtungen zur Hypothesenentwicklung den Schülerinnen und Schülern eine induktiv forschende Erschließung des Themenkomplexes.
Neben der elaborierten Vorstellung der Unterrichtskonzeptionen gibt die Arbeit einen groben Überblick über die theoretischen Hintergründe und stellt die Ergebnisse der empirischen Untersuchung im Rahmen der evaluierten Ersterprobung im Lernlabor „Make Science!“ dar.
Diese Ausgabe des Bildungsjournals Dialog der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe stellt „MINT in einer Kultur der Nachhaltigkeit“ in den Mittelpunkt. Unsere Gesellschaft steht vor mannigfaltigen Umweltherausforderungen und ethischen Fragen zur sozialen Gerechtigkeit. Auch unter den Bürgerinnen und Bürgern muss eine kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensstilen erfolgen. Denn Lebensqualität aufrechtzuerhalten und gleichzeitig die Verantwortung für zukünftige Generationen zu übernehmen ist nur dann möglich, wenn unser Konsumhandeln nachhaltiger wird. Die Autorinnen und Autoren der vorliegenden Ausgabe beleuchten aus unterschiedlichen Perspektiven heraus diese Thematik und stellen dabei Disziplinen übergreifende Lehr-Lern-Formen vor, die der gesellschaftlichen Verantwortung im MINT-Bereich gerecht werden.
In der Rubrik IM FOKUS gibt es Berichte zu weiteren Projekten der Hochschule zu Nachhaltigkeit und Verbraucherbildung. In der Rubrik PERSPEKTIVEN informieren wir Sie über aktuelle Publikationen sowie erfreuliche Entwicklungen im Ökologischen Lerngarten unserer Hochschule.
In der Rubrik NACHGEFRAGT sprechen wir mit dem Karlsruher IT-Unternehmer Dirk Fox über frühe technische Bildung, Lernen mit Begeisterung und nicht zuletzt über die Einzigartigkeit des Baukastensystems fischertechnik.